"First Flat": Brückenbauer ins Erwachsenenleben

WGs für 18- bis 25-Jährige. Wie ein innovatives Wohnprojekt in Wien zur Integration junger Asylwerber beiträgt.

18 Jahre, was nun? Viele junge Österreicher müssen sich in diesem Alter zwischen Ar- beiten und Studieren entscheiden. Im letzteren Fall sind Wohngemeinschaften eine be- liebte Form des Zusammenlebens. Für Asylwerber ohne Angehörige in Österreich, die über 18 Jahre alt sind und damit nicht mehr als „unbegleitete minderjährige Flüchtlin- ge“ (UMF) gelten, gestaltet sich der Start ins Erwachsenenleben im noch fremden Land ungleich schwieriger. Allein schon die Frage der Unterkunft. Mit ihrer Volljährigkeit müssen sie das Quartier für UMF nämlich verlassen.„First Flat“ schließt hier eine Lü- cke und bietet jungen Asylwerbern im Alter von 18 bis 25 Jahren einen Platz in einer Wohngemeinschaft. Das Projekt läuft für Asylwerber und subsidiär Schutzberechtigte, also ausschließlich für Personen, die in der Grundversorgung sind.

Derzeit gibt es – verstreut in Wien - sieben „First Flat“-Wohngemeinschaften, auch eine Mädchen-WG ist darunter. Magdalena Söberl, Sozialarbeiterin beim Integrations-

Bei First Flat legt man Wert darauf, dass die WGs heterogen aufgeteilt sind

First Flat finanziert sich über den Fond Soziales Wien und freiwilligen Spenden

haus in Wien, hat First Flat gemeinsam mit einer Kolle- gin und unter der Leitung von Emira Ulrich aufgebaut. Die WG-Bewohner kommen vorrangig aus Afghanistan, Irak und Somalia. Bei First Flat legt man Wert darauf, dass die WGs „heterogen aufgeteilt sind“, die Bewohner nicht nur aus einem Land kommen. „So müssen sie sich

auf Deutsch unterhalten“, sagt Söberl. In der Durchmischung sieht sie einen Mosaik- stein zur gelungenen Integration. Die

junge Oberösterreicherin ist rund 30 Stunden in der Woche im direkten Kontakt mit den WG-Bewohnern. Weitere fünf bis acht Stunden gehen für bürokratische Tätigkei- ten auf.

„Viele sehen uns als Elternersatz“

In ihren Gesprächen mit den jungen WG-Bewohnern „geht es viel um Rassismus, der ihnen begegnet, um Erfahrungen im Alltag – das beschäftigt sie sehr“, sagt Söberl. „Viele sehen uns als Elternersatz – das ist nicht immer so leicht.“ Andererseits gewin- ne das Projekt daraus seine Stärke: „Die Jugendlichen erleben die WGs stark als Fami-

lie. Egal, woher der andere kommt, sie sind Geschwister füreinander.“

Wie finanziert sich das Projekt? „Es gibt einen Vertrag mit dem Fonds Soziales Wien (FSW)“, sagt Söberl. Der FSW bietet unter anderem Leistungen der Grundversor-

gung für (anspruchsberechtigte) Personen in betreuten Unterkünften – First Flat fällt darunter. 5,50 Euro pro Person und Tag für Verpflegung und Lebensmittel, 40 Euro Ta- schengeld pro Monat. „Zusätzlich finanziert sich First Flat über Spenden“, ergänzt die Sozialarbeiterin.

Insgesamt werden aktuell 31 Asylwerber betreut, die zu viert oder zu sechst zusam- menwohnen; eine achte Wohngemeinschaft in der Bundeshauptstadt ist bereits im Aufbau, weitere dürften laut Initiatoren folgen.

Zielsetzung: Eine altersadäquate Unterbringung, Unterstützung auf dem Weg zur Selbstständigkeit und der gesellschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Integration.

„Partner-WGs“

Die Idee von „Partner-WGs“ soll dies noch vorantreiben: Gleichaltrige Österreicher, die in Studenten-WGs leben, sollen Partnerschaften für junge Asylwerber übernehmen, ih- nen etwa bei Behördengängen helfen. Dabei sei man noch auf der Suche. „Entscheidend ist die Möglichkeit für die jungen Erwachsenen, so untergebracht zu werden wie gleichaltrige Österreicher“, fasst Söberl zusammen.

Text von Stefan Hofer