„Oft ist es mir so vorgekommen, als ob wir Mikado spielen“

KLOSTERNEUBURG

Der Bürgermeister der niederösterreichischen Stadt Klosterneuburg fordert in der Asylpolitik klare Verhältnisse, damit jeder weiß, was er zu tun hat.

Interview von

Michael Andrusio

Die Stadt Klosterneuburg am Rand von Wien mit rund 27.000 Einwohnern gehört zu jenen Orten in Österreich, in denen eine Kaserne als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird. Für Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager (ÖVP) steht jedenfalls außer Frage, dass Menschen, die Hilfe benötigen, geholfen werden muss.

KURIER: Herr Bürgermeister, welche Erfahrungen haben Sie bisher mit den Flüchtlin- gen in Klosterneuburg gemacht?

Stefan Schmuckenschlager: Man muss wissen, dass wir hier eine Betreuungsstelle als Ergänzung haben (in der Magdeburgkaserne, Anm.). Es gab natürlich Skepsis, aber auch eine große Hilfsbereitschaft und private Initiativen, die sich gegründet haben. Da- mit ist es uns gelungen, bestmöglich zu helfen. So hat sich die Initiative „Klosterneu- burg hilft“ gegründet, das kam aus der Mitte der Gesellschaft.

Wie viele Flüchtlinge sind derzeit in Klosterneuburg untergebracht?

In der Betreuungsstelle in der Magdeburgkaserne sind es derzeit 150, es waren auch schon bis zu 250, das hängt natürlich vom allgemeinen Zustrom ab. In der Stadt haben wir sonst noch zwischen 60 und 80 in privaten Quartieren.

Gab es jemals Probleme mit Flüchtlingen?

Vergangenen Sommer kam es zu Problemen im Strandbad. Aber das konnten wir unter anderem mit Hilfe der Caritas gut regeln. Wir haben mittlerweile in Badeanstalten Flüchtlinge als Ansprechpersonen angestellt. Es gibt jetzt keine Auffälligkeiten mehr.

Wurden Sie als Bürgermeister angefeindet?

Ich habe eigentlich nur sehr wenige negative E-Mails bekommen. Dass die Entschei- dung, Flüchtlinge aufzunehmen, vor der Wahl bei uns gefällt wurde, war natürlich kein „Turbo“. Aber es geht hier um eine grundsätzliche Haltung. Es geht darum, jemandem zu helfen, der Hilfe braucht.

Wie empfinden Sie die Debatte über Flüchtlingsunterbringung und –hilfe?

Was bei diesem Thema auffällt, ist der große Unterschied zu „normalen“ politischen Themen. Beim Thema Flüchtlinge ist der Zuspruch sehr öffentlich, der Widerspruch dagegen sehr verdeckt.

Haben Sie Beratung bekommen?

Ich persönlich nicht, aber die Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Inne- res funktioniert sehr gut und wir konnten auch schnell Kontakte mit allen Beteiligten herstellen.

Was könnte man besser machen?

Wenn man kleine Gemeinden sich selbst überlässt, dann ist das für die Situation und die Volksmeinung nicht dienlich, dann wird es schwer. Klare Verhältnisse wären gut für die Gemeinden und gut wäre auch ein Aktionsplan. Dann wissen alle, was sie zu tun haben – oft ist es mir so vorgekommen, als ob wir Mikado spielen: Der, der sich als erster bewegt, hat verloren.

Stefan Schmuckenschlager, ÖVP

Grafik von

Christa Breineder